Rudern – Glüsinger Peter Kluge bei Junioren-WM im deutschen Flagschiff
Berlin/Glüsingen. In aller Herrgottsfrühe raus aus der Koje und ab an die Riemen: Während andere Leute sich im Bett noch von links nach rechts drehten, lief der kolossale Körper von Peter Kluge in den letzten vier Wochen schon auf Hochtouren. Schinden für den großen Traum. Der Einsatz des Glüsinger Ruderers hat sich ausgezahlt: Er sitzt bei der Junioren-WM im deutschen Achter.
Dem Flagschiff! Der Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Vierer mit Steuermann (das IK berichtete) hatte Peter Kluge auf den Notizzettel von Bundestrainerin Brigitte Bielig gebracht. Dass er zu den Weltmeisterschaften im österreichischen Linz fahren würde, war klar. Nur nicht in welcher Bootsklasse. Aufschluss sollte das Trainingslager in Berlin-Grünau auf der Olympia-Regatta-Strecke von 1936 bringen.
Tests, Tests, Tests und reihenweise Messbootfahrten, dann stand fest: Der 18-Jährige startet tatsächlich im Achter! Das Königsboot einer jeden Ruder-Flotte. »Das ist schon das schönste und schnellste Boot. Wenn es gut läuft, fliegt man regelrecht übers Wasser! Dann hängt man sich noch mehr rein, und die Schmerzen sind wie weggeblasen«, schwärmt Peter.
Und Schmerzen, sprich Muskelkater, hatte er zur Genüge. Über zwei Wochen erstreckte sich ein strapaziöser Tagesablauf: Um 5.45 Uhr aufstehen, um 6.30 Uhr die erste Einheit zwischen 20 und 27 Kilometern auf dem Wasser, nach dem Frühstück Krafttraining, nachmittags wieder ran an die Riemen und abends Gymnastik. »Da ist man gut im Eimer«, schmunzelt Peter.
Doch das 1,90 Meter große und 93 Kilogramm schwere Kraftpaket ging als großer Gewinner hervor: Am Ende der ersten Testserie fand er sich als erster Steuerborder im Achter wieder. Eine Schlüsselposition. »Es wurde eine interne Rangliste ausgearbeitet. Ich war doch recht überrascht«, wollte Peter die Nominierung zunächst nicht wahrhaben. Er musste weiter beißen, im Boot kreiste bei den Einheiten das Ruder-Roulette. »Wir haben lange durchprobiert. Letztendlich waren wir wieder bei der Ausgangsposition«, erklärt der Glüsinger. Sprich mit ihm in Front aller Steuerborder.
Allmählich steigt nicht nur bei ihm, sondern auch seinen Teamgefährten die Anspannung. »Der Achter läuft immer besser, so wird auch die Stimmung besser. Man geht mit einem guten Gefühl aus jeder Einheit raus, alle freuen sich auf die WM«, sagt das Mitglied des Rudervereins am Gymnasium Hankensbüttel. Auch seine ganze Familie. Die reist versammelt nach Österreich. Als moralische Unterstützung. Peter: »Das ist der Wahnsinn, dass sie kommen.« In die emotionale Welt mischt sich aber auch das »komische Gefühl«, so das Toptalent, »dass wir in gut einer Woche wahrscheinlich im WM-Finale stehen werden.« Ohne Frage das erklärte Ziel der deutschen Crew.
Doch das Niveau ist hoch, die Unterschiede zwischen den Nationen minimal. Morgen bricht der Bundeskader auf nach Linz, am Dienstag stehen die Vorläufe an. Gehen Peter und Co. als Sieger aus ihrer Sechserkonkurrenz hervor, ziehen sie direkt in den Endlauf (26. Juli) ein. Ansonsten geht’s in eine Extrarunde. Möglich ist alles, meint der Glüsinger. Selbst der WM-Titel? »Rein statistisch gesehen wird es schwer. In den letzten 22 Jahren hat nie eine Nation ihren Titel verteidigt. Und letztes Jahr war Deutschland Weltmeister …«
Quelle: Isenhagener Kreisblatt, 17. Juli 2008
mit freundlicher Genehmigung von www.isenhagener-kreisblatt.de
Von Ingo Barrenscheen